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Begutachtung

Betroffene, die aufgrund erlittener repressiver Maßnahmen in der DDR einen Antrag auf Entschädigungsleistung stellen und infolgedessen begutachtet werden, erleben häufig eine Ablehnung des Zuspruchs von Entschädigungsleistungen. Neben den mehrheitlich geringen Anerkennungsquoten von beispielsweise gesundheitlichen Folgeschäden nach politischer Haft, stellt das Antragsverfahren und insbesondere die Begutachtungspraxis eine erhebliche Belastung für die potenziell traumatisierten Antragstellenden dar.

Ansätze zur Sensibilisierung und Veränderung

Kenntnisse über die Komplexität und die Besonderheit staatlich-institutionell verübter Repressionen sind unabdinglich bei der Begutachtung ehemals politisch Inhaftierter. Als historische Besonderheit gilt beispielsweise zu berücksichtigen, dass die Betroffenen nicht nur der Willkür einzelner Personen ausgesetzt waren. Zentral ist, dass eine unabhängige schützende staatliche Instanz fehlte; mehr noch, dass die Repressionen von dieser vermeintlich schützenden Instanz ausgingen. Dieser Punkt verdeutlicht die Not und Ausweglosigkeit der Betroffenen und muss von heutigen strafrechtlichen Verfahren abgegrenzt werden. Neben historischen Besonderheiten gibt es zudem psychotraumatologische Besonderheiten bei der Begutachtung von Personen, die den repressiven Maßnahmen in der DDR in komplexer Weise ausgeliefert waren. Diese bestehen vor allem darin, dass die Langzeitfolgen politischer Traumatisierung vielgestaltig sind und sich nicht auf eine Posttraumatische Belastungsstörung begrenzen lassen. Vor allem sogenannte „Veränderungen der Persönlichkeitsstruktur“ wirken sich negativ auf die Beziehungsgestaltung im Kontakt mit politisch Traumatisierten aus und können bei der Begutachtung im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu einem entscheidenden Nachteil für die Antragstellenden führen. Diese Erkenntnisse tragen einerseits dazu bei, für die Reflexion der Beziehungsgestaltung und die sich daraus ergebenden Dynamiken im Rahmen des Kontakts mit Betroffenen zu sensibilisieren. Andererseits regen sie dazu an, die Zusammenhänge von politischer Traumatisierung, dem szenischen Geschehen und der Beziehungsgestaltung – vor allem mit sogenannte Autoritätspersonen wie beispielsweise den Gutachter/innen – in Zukunft bei der Begutachtung zu berücksichtigen. Dabei ist bedeutsam, dass Auswirkungen politischer Traumatisierung in der DDR kein ausschließlich individuelles Phänomen sind. Bei Veränderungsansätzen im Rahmen der Verbesserung der Begutachtungssituation sollte der Fokus auf die Stärkung der Handlungsfähigkeit der Betroffenen gelegt werden. An diesem Punkt setzt die entwickelte Handreichung für Betroffene zur Vorbereitung auf die Begutachtung an.

Informationsmaterial für Betroffene

Interessant für Fachkräfte

Schwierigkeiten bei sozialrechtlicher Begutachtung

Modulare Weiterbildung (Vertiefungsmodul)

Sie sind Mitarbeiter/in einer Anlaufstellen im Kontext von SED-Unrecht oder arbeiten eng mit Betroffenen zusammen? Dann können Sie auf Basis des zur Verfügung gestellten Materials eine Weiterbildung (inhouse oder für Externe) zu diesem Thema anbieten.